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Betrüger auf Tinder
Schweizerin jagt Betrüger auf Tinder
Betrüger locken auf Tinder Frauen auf der Suche nach der grossen Liebe in die Falle. Eine Luzernerin und ihre Freundin haben diesen Männern nun den Kampf angesagt.
Die alleinerziehende B. M.* (48) aus dem Kanton Luzern ist single. Auf der Suche nach der grossen Liebe hat sie sich auch auf Tinder angemeldet. Anstelle von beziehungsfähigen Männern fand sie dort jedoch haufenweise Betrüger. «Als Erstes lernte ich einen Amerikaner kennen, der angeblich in der Schweiz arbeitete und dann geschäftlich in die Südtürkei musste. Dort hatte er dann finanzielle Schwierigkeiten und ich sollte ihm Geld überweisen», erzählt M. Das habe sie aber nicht getan.
Innerhalb kürzester Zeit habe sie einen weiteren Betrüger kennengelernt. «Er gab sich als Amerikaner aus, der in der Schweiz zu tun hatte.» Danach habe er angegeben, er müsse zurück in die USA und von dort aus nach Südafrika. «Er war sehr aufmerksam. Jeden Tag schrieb er mir SMS oder lange E-Mails oder rief mich an. Auch der Standort auf Whatsapp und die Telefonnummer stimmten mit den jeweiligen Aufenthaltsangaben überein.» Kaum in Südafrika angekommen, habe auch er angegeben, in einer finanziellen Notlage zu sein. «Er behauptete, er sei am Flughafen festgenommen worden und brauche Geld für seine Freilassung.»
Gestohlene Bilder
Auch ihm habe sie kein Geld geschickt. Jedoch einen Anwalt in Südafrika kontaktiert. «Ich zeigte ihm die Bilder des Mannes und bat ihn um Hilfe», sagt M. «Ich wollte wissen, woran ich bin.» Der Anwalt habe herausgefunden, dass die Bilder vom brasilianische Fotomodell Leandro Vilela sind. M. brach den Kontakt zu dem Mann ab.
Die Tinder-Betrüger setzen laut M. immer auf eine ähnliche Masche: Gutaussehender Geschäftsmann lernt eine Frau kennen. Er verreist meist geschäftlich in ein Land. Dort läuft etwas schief, er braucht Geld und pumpt seine neue Bekanntschaft an. «Die Männer, die ich bisher kennengelernt habe, gaben sich alle als amerikanische Geschäftsleute aus. Sie sprechen und schreiben Englisch, haben ein Kind und die Frau ist tot. Meistens sind sie nur für kurze Zeit in der Schweiz und reisen dann weiter.»
Fake-Profile gemeldet
Weil sie gemerkt habe, wie oft diese Masche gespielt werde, habe sie den Betrügern – zusammen mit ihrer Freundin L. S.* (33), die Ähnliches erlebt hat – den Kampf angesagt. «Bisher haben wir acht Betrüger ausfindig gemacht», sagt M. Die Männer hätten sie mehr oder weniger per Zufall entdeckt. «Wenn wir sie danach auf ihre Betrügereien ansprechen, reagieren sie entweder wütend und versuchen einem ein schlechtes Gewissen zu machen, oder sie behaupten, sie hätten sich geschämt und deshalb die Fotos einer anderen Person verwendet.»
Die Fake-Profile hätten sie Tinder gemeldet, jedoch nie etwas von dem Unternehmen gehört. «Ob sie Massnahmen ergriffen haben, ohne uns zu informieren, wissen wir natürlich nicht», erklärt sie.
Warnung an alle Frauen
M. und ihre Freundin finden es erschreckend, wie raffiniert die Tinder-Betrüger vorgehen, manche besser als andere. Je nach Mann würden sich die Betrüger mehr oder weniger Zeit für ihr potenzielles Opfer nehmen. «Beispielsweise spielte sich beim Ersten alles innerhalb von wenigen Tagen ab», erklärt M. Der Zweite habe sich aber rund einen Monat lang Mühe gegeben und sie erst dann nach Geld gefragt.
Laut M. verhalten sich die Männer so, als seien sie an einer ernsthaften Beziehung interessiert. «Deshalb habe ich das Gefühl, dass viele Frauen auf ihre Masche hereinfallen.» Deshalb möchte die alleinerziehende Mutter andere Frauen warnen. «Hört auf euer Herz, sobald euch aber etwas komisch vorkommt, brecht den Kontakt ab und verschickt nie Geld oder persönliche Informationen.»
*Namen der Redaktion bekannt
«Es ist einfach seine Nummer zu verschleiern» IT-Forensiker Lionel Bloch, Geschäftsführer von Forentec GmbH, erklärt, dass Internet-Betrüger heutzutage verschiedene Möglichkeiten haben, um einen falschen Standort anzugeben oder mit einer anderen bzw. ausländischen Nummer anzurufen, ohne gar nicht vor Ort zu sein. «Es gibt Internet-Seiten, aber auch Softwares, mit denen man die eigene Telefonnummer verschleiern kann und stattdessen mit einer frei wählbaren Telefonnummer anruft. Das nennt man Call ID Spoofing», erklärt Bloch.Auch den eigenen Standort zu fälschen sei einfach. «Auf Tinder kann man beispielsweise den Standort auch manuell einstellen. Dafür braucht es aber die kostenpflichtige Version Tinder Plus.» Auch auf Whatsapp, Viber und anderen Apps könne man den Kartenausschnitt, den man verschicken möchte, faken: «Es gibt Dritt-Applikationen, die als GPS-Spoofer dienen. So kann man frei wählen, wo man gerade sein will.» Nicht alle GPS-Spoofer würden aber auf jedem Telefonmodell, mit jeder Handyversion oder jeder App-Version funktionieren.