Tages Anzeiger -
Wie der Absturz nun rekonstruiert wird
Daten aus dem Wrack der Ju-52, aber auch die Handys der Passagiere könnten helfen, den Grund des Absturzes zu entschlüsseln.
Keine Blackbox, keine Radardaten, kein Notruf per Funk: Auf die Ermittler, welche die Absturzursache der Ju-52 aufklären müssen, wartet eine äusserst knifflige Aufgabe. Fluglehrer Matthias Schmid, der 18 Jahre lang für die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) arbeitete, spricht von «Detektivarbeit».
Spuren gebe es immer. Auch beim Nostalgieflugzeug, das am Samstag um 16.50 Uhr am Piz Segnas fast senkrecht in die Tiefe stürzte. Schmid sind zuallererst die hohen Temperaturen aufgefallen, die am Samstag herrschten. Das bedeutet tiefer Luftdruck, was Motorenleistung und Auftrieb verringert – das Flugzeug hat weniger Reserven beim Manövrieren.
«Aber das weiss jeder Anfänger», sagt der Experte. Bei den erfahrenen Piloten, die letzte Woche die HB-HOT lenkten, erscheine ihm ein solcher Fehler auf den ersten Blick eher unwahrscheinlich: «Ich bin deswegen etwas ratlos.» Nun müssten die Kollegen der Sust einfach nüchtern ihre Arbeit machen, wie es die Polizei nach einem Verbrechen tue.
Unterm Mikroskop
Befragt werden erstens Augenzeugen, die über den Kurs des Flugzeugs Auskunft geben können. Indizien finden Experten aber auch im Wrack selbst. Sie schauen sich zum Beispiel die Überreste der analogen Messgeräte ganz genau an. Die Zeiger von Geschwindigkeits- oder Höhenmesser können beim Aufprall gegen die Schutzgläser geknallt sein, was Spuren hinterlassen kann. Forensische Dienste können unter dem Mikroskop die Aufprallstellen identifizieren – und so indirekt Erkenntnisse über Geschwindigkeit oder auch Füllstand der Tanks kurz vor dem Crash gewinnen. Dafür kann die Sust Experten beiziehen, etwa von der Stadtpolizei Zürich.